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Gastbeitrag von Aktiengram: Synthetische Replikation bei ETFs erklärt

Teaserbild Synthetische ETFs

Was ist eigentlich die Synthetische Replikation von ETFs? In meinem Finanz-Basic #8 habe ich erstmal davon abgeraten, weil diese Nachbildungsart für Anfänger schwierig zu verstehen ist. Lisa von Aktiengram erklärt in diesem Gastbeitrag leicht verständlich die Vor- und Nachteile von synthetischen ETFs.

Was dich in diesem Beitrag erwartet

  • Funktionsweise eines ETFs erklärt
  • Unterschiede zwischen Nachbildungsarten von ETFs
  • Vor- und Nachteile der synthetischen Replikation

Was ist ein ETF?

Exchange Traded Funds (ETFs) sind an der Börse handelbare „Finanzprodukte“, die versuchen
einen vorher festgelegten Index bestmöglich nachzubilden.

Ein Index ist eine Kennzahl für die Kursentwicklung des gesamten Aktienmarktes oder einzelner Aktienklassen (bspw. der DAX für die 30 größten Unternehmen Deutschlands). Am bekanntesten ist dabei wohl der MSCI World Index, der mehr als 1600 verschiedene Unternehmen aus 23 Ländern umfasst und sich daher optimal als langfristiges Investment eignet.

Inzwischen gibt es jedoch eine schier unendliche Zahl an verschiedenen ETFs, sodass man mit dem Erwerb dieser alle nur denkbaren Unternehmen einer Branche oder eines Landes etc. abbilden kann. Damit der ETF einen Index möglichst genau abbilden kann, gibt es zwei grundlegende Methoden: Die Methode der physischen Replikation und die der synthetischen Replikation über Tauschgeschäfte, auch „Swaps“ genannt.

Wie funktionieren synthetische ETFs?


Wie läuft also die Abbildung eines Indexes durch einen synthetisch replizierenden ETF ab? Das
grobe Konzept lässt sich besser verstehen, wenn man den Begriff „synthetisch“ durch „indirekt“
ersetzt. Der ETF bildet den ausgewählten Index also nicht zwingend direkt durch den Kauf der im Index enthaltenen Aktien nach, sondern kann dies auch über andere Anlageklassen oder
indexfremde Aktien tun.

Dies geschieht über Tauschgeschäfte bzw. Swap-Geschäfte zwischen zwei Kontrahenten. Zum einen dem Swap Anbieter und einem zweiten Partner, der meistens eine Bank bzw. die Muttergesellschaft des Swap Anbieters ist (z.B. der ETF Anbieter Lyxor und die Muttergesellschaft Société Genéralé oder auch Comstage und die Commerzbank).

Das Tauschgeschäft zwischen den beiden Parteien läuft jetzt so ab, dass der ETF Anbieter
(Comstage) ein sogenanntes Trägerportfolio erstellt, dessen Rendite er dem Kontrahenten
(Commerzbank) zusichert. Im Gegenzug verspricht der Kontrahent dem ETF Anbieter die
Performance des Index zu liefern. Der Anleger, der sein Geld dem ETF Anbieter anvertraut hat,
kann also davon ausgehen immer die Rendite des Index zu erhalten, selbst wenn sein Geld im
Trägerportfolio des ETF Anbieters in andere Aktien und Anlageklassen investiert wird.

Vorteile von synthetischen ETFs

Der wohl größte Vorteil, den dieses Verfahren hat ist die Kostenersparnis und die Möglichkeit auch sehr komplexe oder wenig liquide Märkte abzubilden.

Gerade in Entwicklungsländern sind die Börsen oftmals nicht so liquide wie in den Industrieländern und es ist nicht möglich zu jedem Zeitpunkt die gewünschte Anzahl an Aktien zu kaufen, die man gerne hätte. Dies würde zu sehr hohen Transaktionskosten führen, was natürlich die Performance des ETFs schmälern würde und folglich dazu führt, dass die Rendite des abgebildeten Index nicht gehalten werden kann.

Diesen Unterschied zwischen der Kursentwicklung des Indexes und der des ETFs durch Transaktions- und sonstige Kosten nennt man „Tracking-Error“.

Die Nachteile der synthetischen Replikation

Bis hierhin klingt es allerdings fast so, als ob ein synthetisch replizierender ETF lediglich Vorteile
gegenüber physisch replizierenden ETFs hat – besonders wenn Indizes mit vielen Positionen
oder schwer zugängliche Märkte abgebildet werden sollen.

Doch die synthetische Replikation hat auch einen großen Nachteil: das Kontrahentenrisiko.

Als Kontrahentenrisiko wird das Risiko bezeichnet, dass der Kontrahent, also bspw. die Commerzbank bei Comstage ETFs, Pleite geht und somit die Rendite des abzubildenden Indexes nicht mehr zahlen kann.

Um das Risiko zu senken wurde eine 10% Hürde von der EU eingeführt. Das bedeutet, dass das Tauschgeschäft zwischen ETF-Anbieter und dessen Kontrahenten spätestens durchgeführt werden muss, sobald das Trägerportfolio 10% schlechter performt als der zugrundeliegende Index. Somit bestünde ein maximales Verlustrisiko von 10%. In den meisten Fällen werden die Geschäfte aber weit vor dieser Grenze abgewickelt.

Um dieses Risiko zu mindern, haben die Kontrahenten die Möglichkeit,
das Tauschgeschäft abzusichern oder es gar über den eigentlichen Wert hinaus abzusichern.
Diese Versicherung des Tauschgeschäfts kann vom Kontrahenten beispielsweise in Form von
Staatsanleihen oder anderen Produkten mit extrem geringem Risiko stattfinden.

Versicherungsarten der Tauschgeschäfte im Überblick

Bild: Aktiengram

Die Versicherung solcher Tauschgeschäfte lässt sich nochmal in drei Klassen unterteilen. Zunächst gibt es die ungesicherten Tauschgeschäfte („unfunded swaps“). Wie der Name schon sagt, liegt hier keine Versicherung des Geschäfts vor und es verbleibt das Verlustrisiko in Höhe von maximal 10%.

Darüber hinaus gibt es die versicherten Tauschgeschäfte („funded swaps“), bei denen ein Teil
des Tauschgeschäfts durch die oben genannten Sicherheitsrücklagen versichert wird.

Die sicherste Variante synthetisch replizierender ETFs sind die vollkommen versicherten
Tauschgeschäfte („fully funded swaps“), bei denen der Wert des kompletten Tauschgeschäfts mit Sicherheitsrücklagen abgesichert wird oder die Versicherung den Wert des Tauschgeschäfts
sogar um bis zu 30% übersteigen kann.

Fazit: Synthetisch oder physisch?

Im Endeffekt muss natürlich jeder selber entscheiden, mit welcher Art der Replikation er seinen
persönlichen Bedarf an Sicherheit ausreichend erfüllt und ich kann sehr gut verstehen, wenn aus diesem Grund viele von euch die physisch replizierenden ETFs bevorzugen, bei denen die im
Index enthaltenen Werte tatsächlich in entsprechender Gewichtung gekauft werden, wodurch sie eine höhere Sicherheit bieten können als deren Konterpart – die synthetischen ETFs.


Nichtsdestotrotz sind synthetisch replizierende ETFs eine super Möglichkeit um Kosten zu
sparen, was sich besonders bei einer langfristigen Anlage bemerkbar machen kann. Durch die
verschiedenen Möglichkeiten der Absicherung lässt sich das Kontrahentenrisiko ebenfalls
deutlich minimieren und so auf ein Maß bringen, mit dem ich persönlich sehr gut leben kann.
Komplett risikolos sind Investments im Aktienmarkt ja sowieso nicht :).

Über die Autorin

Foto Lisa von Aktiengram

Lisa von Aktiengram beschäftigt sich seit 2011 intensiv mit dem Thema Aktien und Börse. Auf ihrem Blog und Instagram-Kanal teilt Sie Aktienanalysen und allgemeines Finanzwissen.

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